Mit etwas Tamtam hat Easton Anfang August einen neuen Aluminium-Pfeil vorgestellt – den RX7. Pünktlich zur Wintersaison 2019/2020 werden wir den Schaft nach Europa bekommen, nachdem einige US-Topschützen wie Brady Ellison und Jack Williams den Prototypen schon im letzten Winter ausführlich getestet haben. Easton stellt damit zum ersten Mal einen Aluminiumschaft vor, der über die Länge des Pfeiles einen veränderlichen Außendurchmesser hat.
Anders als beim ACE oder X10 ist der Pfeil aber nicht tonnenförmig, hat die dickste Stelle also nicht in der Mitte des Schaftes. Der Durchmesser des RX7 nimmt nach vorne hin zu.
Und was soll das ganze? Die Logik dahinter ist einfach: Wenn der Durchmesser nach vorne hin größer wird, hat der Pfeil einen geringeren Spinewert als ein Pfeil der durchgängig den großen Durchmesser hätte. In der Halle möchten viele Schützen möglichst dicke Pfeile schießen, um möglicherweise noch die entscheidenen 1 oder 2 Ringe pro Durchgang mehr anzureißen. Während Compoundschützen in der Regel kein Problem haben, auf den maximalen erlaubten Pfeildurchmesser von 23/64″ zu kommen, sind Recurveschützen mit weniger als 40 lbs Zuggewicht zu dünneren Pfeilen gezwungen, weil die dicken Pfeile schlicht und ergreifend zu steif sind.
Easton möchte nun also hier die Lösung gefunden haben. Vorne, wo ich die Ringe anreißen möchte, soll der Pfeil möglichst dick sein. Hinten dann entsprechend dünner, damit ich auf einen Spinewert komme, der zu meinem Zuggewicht passt.
Dafür wird es den RX7 in drei verschiedenen Versionen geben, 21/525, 22/475 und 23/420. Hier bezeichnet die erste Angabe den maximalen Durchmesser an der Spitze in 1/64 Zoll und die zweite Zahl den Spinewert. Easton verabschiedet sich beim RX7 also vom alten System bei Alu-Pfeilen den Durchmesser und die Wandstärke anzugeben und geht dazu über, wie bei Carbonpfeilen den Spine direkt zu nennen.
In der Veröffentlichung zu den neuen Pfeilen auf der Easton-Website ist auch ein Beispiel zu lesen, wie der RX7 helfen soll, dickere Pfeile zu schießen:
For example, the RX-7-23 has a spine of 0.420, compared to a spine of 0.342 for the equivalent Easton X23 2315 shaft. As an example, this allows the RX-7-23 420 to be tuned with an Easton 2315 NIBB point, at a normal shaft length. Compare this to the X23 2315, which is often tuned by recurve shooters with a heavy, 200 or 300 grain aftermarket point, at a longer than normal shaft length.
Der RX7 in der 23er Version mit Spine 420 wird also verglichen mit einem 2315 X23 Schaft, der einen Spine von 342 hat. Klingt ja erstmal gut. Aber schauen wir uns doch mal die aktuell verfügbaren Varianten des X23 an:
Modell | Spine | Gewicht GPI* | Durchm. | Wandstärke |
2312 | 423 | 9,5 | 23/64″ | 12/1000″ |
2314 | 391 | 10,8 | 23/64″ | 14/1000″ |
2315 | 340 | 11,8 | 23/64″ | 15/1000″ |
Und dazu jetzt den RX7 in der 23er Version:
Modell | Spine | Gewicht GPI* | Durchm. | Wandstärke |
23/420 | 420 | 10,4 | 0,3649″ | ? |
*Grain per Inch / Grain pro Zoll
Was zunächst auffällt: Mit dem X23 in 2312 gibt es bereits jetzt einen Pfeil von Easton mit dem maximalen Durchmesser von 23/64″ und einem Spine von 420. Der Vergleich mit dem 2315 hinkt, denn kein Schütze der Schwierigkeiten hat einen so dicken Pfeil „zum Fliegen zu bringen“ würde die 2315 nehmen. Ich würde auch soweit gehen, zu sagen, dass der 2315 eher selten bei Recurveschützen in Europa anzutreffen ist. Die Allermeisten werden 2312 und ein paar noch 2314 schießen.
Also alles nur Marketing? Versucht Easton mit dem RX7 die Kunden zu veräppeln? So einfach ist es vielleicht doch nicht.
Zwei Dinge gibt es noch zu beachten. Die Wandstärke, und den dynamischen Spine. Die Wandstärke hat Easton leider bei den RX7 nicht bekannt gegeben, hier kann man also zum aktuellen Zeitpunkt nur ein bisschen orakeln. Easton gibt zwei verschiedene Außendurchmesser an (für Nockende und Spitzenende) aber nur einen Innendurchmesser. Das würde bedeuten, dass die Wandstärke nach vorne hin größer wird. Tatsächlich käme in diesem Fall, mit den aktuell veröffentlichten Zahlen von Easton eine Wandstärke von 15/1000″ an der Spitze und 12/1000″ am Nock heraus. Dazu passt, dass das Gewicht mit 10,4 Grain pro Zoll ziemlich genau zwischen dem Gewicht des X23 2312 und 2315 liegt.
Das würde den Pfeil bei gleichem Spine zumindest schon einmal stabiler machen, und erklärt, warum Easton den RX7 23/420 mit dem 2315 vergleicht. Gerade an der Spitze tut dem Pfeil die Wandstärke gut, gerade wenn man auf harte Strohscheiben schießt. Wenn die Zahlen stimmen, wurde beim RX7 23/420 im Vergleich zum 2312 im vorderen Bereich 25 % mehr Material verwendet.
Tatsächlich ist der Durchmesser von 23/64″ bei den Alupfeilen nur ein nomineller Durchmesser. 2312, 2314 und 2315 haben in der Realität nicht den gleichen Außendurchmesser. Der neue RX7 23/420 soll an der Spitze einen Außendurchmesser von 0,3649″ haben, also 9,27 mm und damit so nah an den maximal erlaubten Wert von 9,3 mm kommen wie vorher der 2315. Zweiter Punkt für Easton.
Die Spine-Angaben über die ich hier schreibe meinen alle den statischen Spine-Wert. Easton gibt an, dass der RX7 dynamisch bis zu einem Spinewert weicher reagiert, als ein vergleichbarer X23. Das kann ich so nicht überprüfen, dafür muss ich den RX7 erst einmal selbst schießen. Es kann aber stimmen, somit könnte der RX7 23/420 bei einem Schütze passen, der eigentlich einen Spine von 450 benötigt.
Insgesamt hat Easton hier ein spannendes Konzept vorgestellt. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob es sich durchsetzt. Den Schaft haben wir schon in den Shop aufgenommen, Ende August sollen die ersten Schäfte beim Großhändler verfügbar sein.
Tilman Bremer ist Gründer und Inhaber von Bogensportshop.eu. Er schießt seit 1997 mit dem Recurvebogen und lernt immer noch jeden Tag mehr übers Bogenschießen dazu.